Techno

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Techno ist eine Form elektronischer Club-/Tanzmusik wobei der Begriff mittlerweile sowohl ein bestimmtes Genre bezeichnet, als auch allgemein als Sammelbegriff für eine Vielzahl überwiegend elektronischer Clubmusik-Stile verwendet wird.

Detroit Techno

Elektronische Clubmusik wurde schon Jahre vor dem Aufkommen der Bezeichnung Techno produziert und gespielt (z.B. Kraftwerk, Depeche Mode etc.). Mit dem Begriff Techno bezeichnete man aber erstmals eine aus Detroit stammende Spielart tanzbarer, elektronischer Clubmusik. Die Entstehung der Bezeichnung in Detroit selbst lässt sich nachträglich auf die 1984 veröffentlichte Single „Techno City“ (auf Fantasy, USA) von Juan Atkins (aka Cybotron zusammen mit Rick Davis) zurückführen. Als 1988 die Compilation „Techno! The New Dance Sound of Detroit“ (auf Virgin, UK) mit Atkins Single „Techno City“ in Europa auf den Markt kam, begann man dort diese spezielle, importierte elektronischer Tanzmusik als Techno zu bezeichnen. Der Genre-Begriff Techno für den originären Detroit-Stil hat sich somit erst über den Umweg Europa etabliert. In Detroit selbst verstand man den Sound bis dahin als eine spezielle Art des Chicagoer House Sounds, der weniger euphorisch-fröhlich klingt dafür aber mehr düster-melancholisch.[1][2]

Techno in Deutschland

In Deutschland passierte fast zeitgleich eine andere Entwicklung hin zum Begriff Techno für ein bestimmtes Genre: Schon Anfang der 80er Jahre sortierte der Frankfurter DJ Talla 2XLC (Andreas Tomalla) alle bislang bekannten Stile elektronischer Tanzmusik (wie EBM, Synth Pop und Electro) in ein Fach seines Plattenladens mit der Bezeichnung Techno. Ab 1984 begann er außerdem Partys unter dem Namen TechnoClub in Frankfurt zu organisieren So wurden in den Anfängen der Technobewegung in Deutschland verschiednen Sound- und Gestaltungsästhetiken mit dem gleichen Namen bezeichnet: Den importierten Sound aus den USA - über britische Labels wie Warp in Europa vertrieben - welcher sich am schnellsten in Berlin ausbreitete, den Stil der Frankfurter Produzenten und House-Musik sowie viele andere Spielarten elektronischer Clubmusik. In der Szene hielt der Zwist über den „wahren Techno Sound“ (vor allem zwischen Berlin und Frankfurt) bis in die 90er Jahre an.[3] Mitte der 90er Jahre erreichten in Deutschland bestimmte Techno-Stile eine weitreichenden kommerziellen Erfolg, was zur Folge hatte, dass die Vorstellung von Techno in der breiten Masse der Radiohörer vor allem durch Vertreter des später als Euro Dance und Happy Hardcore bezeichneten Sounds geprägt wurde (z.B. Dune, Blümchen, Scooter).[4]

Techno heute

Heutzutage bezeichnet man als Techno viel allgemeiner und Ortsunabhängig eine eher minimale Form der elektronischen Clubmusik, bei der eine harte Bass Drum den Puls auf allen vier Zählzeiten vorgibt und der gerade Backbeat auf 2 und 4 meist mit einem synthetischen Snare-Drum und/oder Hand-Claps Sound realisiert wird. Formal ist die rhythmische Struktur von lange dauernden Wiederholungen eines gleichen Patterns geprägt.

Der Klangcharakter der übrigen (Synthesizer-) Elemente ist tendenziell rau und aggressiv und wird mehr als rhythmisches denn melodisches Song-Material verwendet. Das Tempo im Techno liegt typischerweise zwischen 130–140 bpm.

Techno ist traditionell instrumental. Selten gibt es Texte in kurzen Phrasen, die mehr als prägnante Message denn als narrative Lyrik (wie im Pop) gedacht sind und nicht zwangsläufig einen wirklich Sinn ergeben müssen.

Im großen formalen Ablauf ganzer Tracks spielt die Steigerung - in jeder erdenklichen Form - zu möglichst weit hinausgezögerten, immer wiederkehrenden Höhepunkten eine entscheidende Rolle. An einem Höhepunkt angekommen bricht der Spannungsbogen meist abrupt ab (z.B. durch plötzliches Einsetzten eines Filters oder Wegfallen der Bass Drum). Der Track läuft reduziert weiter um möglichst überraschend die zuvor reduzierten Elemente wieder in den Song zurückkehren zu lassen, oder etwas neues einzuführen. Diesen vielerorts als Schickung bezeichneten Effekt bildet das Zentrale Spannungsmoment eines jeden Techno Tracks und nicht zuletzt eines ganzen DJ-Sets.[5][6]

Techno Sound

Prägend für den Techno-Sound waren die weit verbreiteten und äußerst druckvollen analogen Drumcomputer Roland TR 606, 808 und 909 sowie der Bass-Synthesizer Roland TB 303. Sie waren zum einen preiswert gebraucht zu haben und konnten miteinander synchronisiert werden, was die Arbeit mit mehreren Maschinen gleichzeitig ermöglichte.[7]

Musikalisch orientierten sich die frühen Techno-Produzenten meist an der aktuellen Clubmusik ihrer Heimat (in Detroit das Motown Soul-Erbe und Chicago die Disco Musik), Vorreitern der elektronischen Popmusik (z.B. Kraftwerk, Soul Sonic Force und Depeche Mode) und später auch an Komponisten der Minimal Music wie John Cage, den Pionieren der Elektroakustischen Musik wie Stockhausen und den Komponisten der Musique concrète Pierre Henry und Pierre Schaeffer. Rückwirkend betrachtet ist festzustellen, dass sich vor allem durch die Remix-Tradition und das für die Technoproduktion essentielle Sampling, sich die einzelnen Stile immer wieder gegenseitig bereicherten und vermischten und sich gerade dadurch neue Strömungen entwickeln konnten.[8][9]

Der jeweils aktuelle Sound elektronischer Clubmusik ist seit je her von den zeitgleich verfügbaren und populären Maschinen geprägt. Aktuell sind dies vor allem die Softwaresynthesizer Massive und Razor der Firma Native Instruments, die den Sound vieler Produktionen dominieren (vor allem im Dubstep).

Neben den populären Strömungen gibt es aber auch eine Vielzahl an Labels, die sich vor allem dem Weiterentwickeln des Techno-Erbes verschrieben haben und experimentelle Musik veröffentlichen (Wichtige Vertreter sind unter anderm: Sähkö in Finnland, Mille Plateux in Frankfurt und Bine Music in Essen und A-Musik in Köln)[10][11]

Techno Stile

Neben dem klassischen Detroit-Techno haben sich so im Laufe der Zeit eine immense Fülle an Sub-Genres und verschiedenste Techno-Spielarten entwickelt. Die wichtigsten Vertreter sind dabei: Chicago House (später nur House Musik; welche aber auch aufgrund seiner Popularität und Eigenständigkeit als eigenes Genre gesehen werden kann); die Strömungen der 90er Jahre wie Trance, Hardcore, Gabber, Rave und Goa; speziell in Deutschland Clicks n Cuts (Frankfurt) und Minimal (Berlin); die Avantgarde-Entwicklungen wie beispielsweise die Intelligent Dance Music (IDM); aktuelle, populäre Strömungen aus dem außereuropäischen Raum wie Kongotronic und die aktuellsten Entwicklungen in Bereichen wie Dubstep (eine Entwicklung mit Wuzeln in Drum‘n‘Bass und Break Beat) oder auch Noise.[12][13]

(Fast) alle Techno-Stile verbindet trotz der Stilvielfalt die (für die allermeisten Clubs essenzielle) Tanzbarkeit[14] und die meist klare und ursprüngliche Verortung der Stile in einem bestimmten Raum: Techno und House in Clubs, Goa als Open Air und die After-Hour-Locations für Minimal. Techno-Stile haben sich fast immer für, mit und an bestimmten Orten entwickelt und sind erst mit wachsender Popularität von DJ‘s über jene Grenzen hinausgetragen worden. Dies hängt vor allem mit der Party- und Feierkultur urbaner Zentren zusammen, in deren Umfeld sich Techno am stärksten entwickelt hat. Nur eine relativ kurze Zeit lang war Techno auch im Mainstream Radio und TV präsent (in Deutschland vor allem der Happy Hardcore der 90er mit Acts wie Blümchen, Das Modul und Scooter). In den USA hat Techno bis heute jenseits der Clubkultur nie den Grad an Popularität erreichen können wie viele zeitgleiche Entwicklungen in der Rock oder Pop Musik; nicht einmal in Detroit.[15][16]

Aktuell gibt es die innovativsten Neuerungen in der Verschmelzung von Elektroakustischer Musik sowie Neuer Musik und Club-Musik und vereinzelt realisieren Jazz-Musiker und klassische Komponisten Technoprojekte mit einem großen improvisatorischen Anteil; eigentlich ganz im Stile der Techno-Pioniere, die mit ihren Maschinen, Turntables und Mixern überwiegend durch improvisieren ihre Musik oder DJ-Sets gestalteten.[17]

Literatur

  1. Anz, Philipp und Walder, Patrick: Techno. Zürich 1995.
  2. DVD: High Tech Soul - The Creation of Techno Music. Plexi 2006.
  3. http://de.wikipedia.org/wiki/Techno
  4. Schäfer, Waltmann und Schäfers: Techno Lexikon. Berlin 1998.
  5. Schneider, Daniel: Detroit Techno und die Frage nach der Hautfarbe. Kapitel 2.1: Was ist Techno? S. 5; Magisterarbeit 2009, Freie Universität Berlin.
  6. Kühn, Michael: Wie entsteht neues bei der Produktion elektronischer Tanzmusik? - Kapitel 5.4.2: Die Produktion von House/Techno im Homerecording Studio: Elemente, S. 67 ff; Diplomarbeit 2009, Technische Universität Berlin.
  7. Kühn, Michael: Wie entsteht neues bei der Produktion elektronischer Tanzmusik? - Kapitel 5.4.2: Die Produktion von House/Techno im Homerecording Studio: Elemente, S. 67 ff; Diplomarbeit 2009, Technische Universität Berlin.
  8. Garnier, Laurent: Elektroschock. Höfen 2008 (Deutsche Ausgabe)
  9. Lidell, Jamie: Interview in: Groove, Nr. 65, S. 45. 2000.
  10. vergl. http://de.wikipedia.org/wiki/Mille_Plateaux
  11. Ungeheuer, Elena (Hrsg.): Elektroakustische Musik. Laaber 2002.
  12. http://de.wikipedia.org/wiki/Techno
  13. Schäfer, Waltmann und Schäfers: Techno Lexikon. Berlin 1998.
  14. Voigt, Wolfgang: Interview in: Groove, Nr. 58, S. 32. 1999.
  15. Klein, Gabriele: Electronic Vibrations. Hamburg 1999.
  16. vergl. Garnier, Laurent: Elektroschock. Höfen 2008 (Deutsche Ausgabe)
  17. Klein, Gabriele: Electronic Vibrations. Hamburg 1999