Zentralabitur Musik

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Zentralabitur Musik

Das Zentralabitur ist in Deutschland mittlerweile in fast allen Bundesländern eingeführt worden. Nur Rheinland-Pfalz plant bislang nicht es einzuführen. Aufgrund der föderalen Strukturen in Deutschland obliegen Aufbau, bzw. Themenvorgaben, Organisation und Durchführung des Zentralabiturs den jeweiligen Bundesländern und können sich daher voneinander unterscheiden. (Vgl. auch http://www.kmk.org/aufg-org/grund.htm)
Im Fach Musik wird die zentrale Form des Abiturs heute in diesen Bundesländern durchgeführt:


• Saarland (1945)
• Bayern (1946)
• Baden-Württemberg (1952)
• Thüringen (1990)
• Mecklenburg-Vorpommern (1991)
• Sachsen (1993)
• Sachsen-Anhalt (1993)
• Niedersachsen (2006)
• Hessen (2007)
• Nordrhein-Westfalen (2007)
• Schleswig-Holstein (2008)

Im Folgenden sind einer Gegenüberstellung zweier Bundesländer – Bayern, mit bereits langjähriger Erfahrung und Niedersachsen als Bundesland mit neu eingeführtem Zentralabitur – beispielhaft die unterschiedlichen Verfahrensweisen zu entnehmen.


Zentralabitur in Bayern

1 Einleitung
Bayern hat innerhalb Deutschlands die längste Tradition in der Durchführung des Zentralabiturs ( seit 1946).

Seit August 2008 gelten in Bayern die Lehrpläne für das G8 (das Abitur nach Jahrgangsstufe 12). Somit werden die 9.Klassen des Schuljahres 2007/2008 nach dem neuen Lehrplan unterrichtet und machen im Jahr 2011 zum ersten Mal in Bayern nach 12 Schuljahren Abitur.

Alle im Lehrplan enthaltenen Aussagen sind verbindlich für den Unterricht. Bei den Fachlehrplänen wurde von 28 Stunden (bei Jahrgangsstufe 12 nur von 21) Unterricht für die verbindlichen Lernziele und Lerninhalte ausgegangen. Der bei 52 Jahreswochen, abzüglich der Ferienwochen, verbleibende Gestaltungsraum erlaubt nicht nur, dass für nachhaltiges Lernen und für Leistungserhebungen erforderliche intensive Üben, Wiederholen und Vertiefen, sondern ermöglicht auch Studienfahrten und fächerverknüpfende sowie fächerübergreifende Vorhaben.
Für die Seminare (Projekte) in den Jahrgangsstufen 11 und 12 (Qualifikationsphase in der Oberstufe) gibt es keine zentralen Lehrpläne, sodass den Gymnasien vor Ort der erwünschte und insbesondere für die Einbindung externe Partner notwendige Gestaltungsfreiraum bleibt.

Im Folgenden wird der bayrische Lehrplan kurz vorgestellt und ein Überblick über Aufbau und Themenfelder gegeben. Exemplarisch wird das Thema „Musik und Sprache mit dem Lehrplan Niedersachsens verglichen.

2 Lehrpläne
Die Lehrpläne[1] in Bayern sind in 4 Ebenen unterteilt:
1.Das Gymnasium/Berufsschule etc. im Ganzen
(Auf dieser Ebene werden die Ziele und Aufgaben des jeweiligen Schultyps aufgezeigt und erläutert.)
2.Unterrichtsfächer und fächerübergreifende Bildungs- und Erziehungsaufgaben
(Hier werden die Ziele und Aufgaben der einzelnen Fächer dargestellt, indem auf die Inhalte und Bildungsaufgaben eingegangen wird und Wege aufgezeigt werden das jeweilige Fach mit anderen Fächern zu verknüpfen (Fachprofile).)
3.Rahmenpläne
(Die Rahmenpläne enthalten die Vorbemerkungen für die Fachlehrpläne. In ihnen wird noch einmal explizit auf die einzelnen Jahrgänge eingegangen. Wie vorher in Ebene 1 werden hier die Bedeutungen und Aufgaben des jeweiligen Jahrgangs beschrieben.)
4.Fachlehrpläne
(Nach einer kurzen Einleitung werden die konkreten Themenfelder (s.u.) sowie die Lehr- und Lerninhalte für die Fächer angegeben. Diese sind verbindlich einzuhalten.)


3 Themenfelder
Nach den neuen Lehrplänen des G8- Gymnasiums sind die Themengebiete der Oberstufe nicht mehr auf die einzelnen Jahrgänge festgelegt.
Lehrkräfte können also frei wählen, ob ein Themenfeld in der 11. oder 12. Jahrgangsstufe unterrichtet wird.
Themenfelder in der 11./12. Jahrgangsstufe sind:
- Musik und Sprache
- Musik und Religion
- Musik im Dienst politischer Ideen
- Klangkörper im Wandel
- Musik, Interpreten, Interpretationen – einst und jetzt
- Musik und Tradition
- Musik von 1960 bis heute
- Projekt (themenunabhängig und mit außerschulischem Bezug)


Pro und Contra Zentralabitur in Musik

Das Zentralabitur wird sowohl im Allgemeinen als auch speziell für das Fach Musik sehr kontrovers diskutiert. Meist argumentieren diejenigen, die bereits über langjährige Erfahrungen mit dem Zentralabitur verfügen für zentrale Prüfungen und diejenigen, die bis vor kurzem noch eigene Prüfungsvorschläge einreichen konnten gegen eine zunehmende Zentralisierung.
So befürchten die Ablehner beispielsweise eine zu starke inhaltliche Verengung, eine damit einhergehende Verarmung an Themen, einen vermehrt prüfungsorientierten Unterricht, bei dem der Stoff alle anderen Lerneffekte dominiert und immer weniger Spielräume. Besonders im Fach Musik wird die Konzentration auf vorgeschriebene Inhalte in der Oberstufe als problematisch empfunden. Die Thematisierung selbstgewählter Musikbeispiele und Musikstile, die sich aus den Bedeutungszuschreibungen der Kursteilnehmer ergeben können, ist in einem Zentralabitur nur eingeschränkt möglich. Zwar wird in den Vorgaben betont, dass die aufgeführten Themen noch mit individuellen Inhalten zu ergänzen sind, dieses wird aber durch den Umfang der Obligatorik sehr erschwert. (In Interviews mit Musiklehrerinnen und Musiklehrern aus Niedersachsen wurde deutlich, dass sich die Interviewten inhaltlich bislang noch ausschließlich auf die Vorgaben beschränkten.) Die verstärkte Prüfungsorientierung wird dabei als eine Konzentration auf messbare Leistungen gesehen, die in der Auseinandersetzung mit Musik nicht unbedingt im Vordergrund steht.
Diesen Befürchtungen begegnen die Befürworter des Zentralabiturs mit Argumenten, die eine bessere Vergleichbarkeit der Abschlüsse, eine Niveausicherung und vermehrte Transparenz in den Vordergrund stellen. Auch der Umstand, dass die Themen durch die Lehrkräfte nicht mehr gerechtfertigt werden müssen, wird von einigen als positiv bewertet. Dabei ist zu bedenken, dass es bislang noch große Differenzen in der formalen Struktur des Zentralabiturs in den unterschiedlichen Bundesländern gibt (s.o.). Die kontroversen Einschätzungen resultieren demnach nicht zuletzt aus den unterschiedlich wahrgenommenen und auch tatsächlich vorhandenen Einschränkungen.
Zu fragen bleibt, wie ein Zentralabitur in Musik konzipiert sein müsste, das sowohl die Auseinandersetzungen mit Musik, als auch individuelle musikalische Entfaltungen und die pädagogischen Freiheiten der Lehrenden nicht unnötig einengt. Inwieweit dabei die einzelnen Bundesländer möglicherweise von den Erfahrungen der anderen durch gegenseitigen Austausch lernen und profitieren können wird in den nächsten Jahren zu beobachten sein.